1946 · Das Jahr, in dem die Welt neu entstand by Victor Sebestyen

1946 · Das Jahr, in dem die Welt neu entstand by Victor Sebestyen

Autor:Victor Sebestyen [Sebestyen, Victor]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Rowohlt Verlag
veröffentlicht: 2020-06-23T16:00:00+00:00


Die Wegbereiter der indischen Unabhängigkeit: Jawaharlal Nehru, Indiens erster Premierminister, und Mohandas «Mahatma» Gandhi.

1946 war Nehru von Gandhi schon ziemlich frustriert, der zunehmend nur noch über Mystik, vegetarische Lebensweise und die Bedeutung sexueller Abstinenz sprach – Themen, die Nehru als nicht gerade entscheidend für Indiens Zukunft als unabhängiger Staat ansah. Und dieses Indien würde er, Nehru, führen müssen; das war ihm inzwischen klar. Anders als einige Offizielle des INC sagte Nehru nicht offen, dass Gandhi jetzt wohl reichlich senil werde, aber er schrieb, Bapu («Vater», wie Nehru ihn stets nannte) gehe jetzt «mit Salbe herum» und versuche, «am Körper Indiens eine wunde Stelle nach der anderen zu heilen, statt die Ursache all dieser Wundausbrüche zu ermitteln und sich an der Behandlung des ganzen Körpers zu beteiligen». Nehrus größtes Problem indes war nicht Gandhi, dessen Kräfte und Einfluss stark nachließen, sondern die nun auf ihn zukommende, alles entscheidende Auseinandersetzung in der Rivalität mit Mohammed Ali Jinnah und mit dem muslimischen Nationalismus. [12]

*

Jinnah verfügte nicht über Nehrus Charme und seine entspannten Umgangsformen. Er war schnell beleidigt und tat sich schwer mit der Vergebung von Kleinigkeiten. Ansonsten war er jedoch genauso clever, gescheit und gebildet – und sogar noch snobistischer. 1946 war Jinnah neunundsechzig Jahre alt, ein großer, leicht gebückter Mann, extrem dünn und – obwohl er das damals noch nicht wusste – bereits vom Lungenkrebs gezeichnet, dem er im September 1948 erliegen sollte. Nur wenige Menschen können von sich wie Jinnah behaupten, ein Land ganz neu gegründet zu haben. Und als Pakistan das Licht der Welt erblickte, was weitgehend ihm zu verdanken war, war es sogar auf Anhieb das nach Bevölkerungszahl fünftgrößte Land der Erde.

Jinnah, in Karatschi in eine privilegierte, wohlhabende Familie hineingeboren – wenngleich diese den aristokratischen Nehrus nicht ganz das Wasser reichen konnte –, wurde für die Juristenausbildung nach London geschickt, wo er im Lincoln’s Inn sein Examen machte. Nach der Rückkehr nach Indien baute er sich eine äußerst erfolgreiche, auf Handelsrecht spezialisierte Anwaltskanzlei auf. Mit einem angeblichen Jahreseinkommen von 25000 Pfund, für dama lige Zeiten ein Vermögen, war er schon bald der bestbezahlte Anwalt im Lande. Einer seiner Kollegen bewunderte seine unglaublichen Fähigkeiten: «Jinnah war ein schlechter Anwalt, aber ein überragender Advokat. Er hatte eine sehr beeindruckende Persönlichkeit, und der Vortrag eines Falles, wie er ihn handhabte, hatte stets etwas von einem Kunstwerk an sich.» [13]

In den frühen dreißiger Jahren ging Jinnah nach London zurück und machte dort auch als englischer Anwalt ein Vermögen. Für kurze Zeit spielte er mit dem Gedanken, als Labour-Abgeordneter für das Unterhaus zu kandidieren, aber daraus wurde nichts. Ein strammer Labour-Abgeordneter verkündete daraufhin, es überrasche ihn nicht, dass dieser Gedanke fallengelassen wurde. In Großbritannien, sagte er, «wollen sich nur wenige Leute von so einem feinen Pinkel vertreten lassen». [14] Als Jinnah in den späten 1930er Jahren erneut nach Indien zurückkehrte, ließ er sich in Bombay nieder.

Den Namen «Pakistan» brachte 1933 in einem obskuren Pamphlet erstmals Choudry Rehmat Ali, der ehemalige Tutor des Nawab von Bahavalpur und spätere Cambridge-Professor, ins Gespräch. Es handelte sich dabei um ein Akronym der Regionalnamen Punjab, Afghanistan, Kaschmir, Sind und Belutschistan.



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